Ranischau Newspaper Articles 1900-1919

Ranischau 1902

Vocation of pastor Harlfinger and other news

Source: Evangelische Kirchen-Zeitung für Österreich, 15.11.1902, p. 13.
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Aus der Gemeinde.

Am 9. Oktober 1901 verließ Pfarrer Josef Folwartschny Ranischau. Nach langen Bemühungen erst ist es der Gemeinde gelungen, einen neuen Pfarrer zu erhalten, und zwar den Kandidaten der Theologie Johann Harlfinger aus Dornfeld in Galizien. Derselbe übersiedelte bereits am 20. Februar 1902 nach Ranischau, konnte jedoch erst am 8. Mai laufenden Jahres zum Pfarrer gewählt werden, weil bis dahin die Enthebung des Pfarrers Folwartschny vom Ranischauer Pfarramte noch nicht erfolgt war. Nach seiner am 27. Juli laufenden Jahres in Biala erfolgten Ordination wurde Herr Harlfinger endlich zum Pfarrer von Ranischau bestätigt und vom Senior Zipser am 5. Oktober laufenden Jahres feierlich in sein Amt eingeführt. Schon zuvor hatte er sich in Wien mit Fräulein Marie Schmidt vermählt und seine junge Frau zur Freude der Gemeinden in das schön renovierte Pfarrhaus eingeführt.

Gottes Segen sei mit dem jungen Pfarrer und seiner Gemahlin!

Seine erste Arbeit ist die Durchführung des Kirchbaues in Ranischau. Derselbe wurde diesen Herbst begonnen und soll mit Gottes Hilfe übers Jahr die Kirchweihe gefeiert werden.

Die Filiale Steinau schreitet an die weitere Ausschmückung ihres schönen Kirchleins durch einen Hochaltar.

Auch die zu Ranischau gehörige Kolonie Sulichow hat ihr Kirchlein bereits beendigt und soll dessen Weihe am 9. November erfolgen.

Außerdem wäre noch zu bemerken, dass Pastor Kähler aus Kiel-Gaarden in Schleswig-Holstein im Auftrage des dortigen Hauptvereines Galizien und Bukowina im August diesen Jahres bereits zum zweiten Male bereist hat. Er hat obige drei Kolonien gründlich besichtigt und hat sich über die Glaubenstreue und den deutschen Geist der Kolonisten herzlich gefreut.

Sulichow 1902

Church consecration

Source: Evangelische Kirchen-Zeitung für Österreich, 15.12.1902, p. 12.
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Kirchweihe.

Bei prächtigem Herbstwetter durfte am Sonntag, den 9. November laufenden Jahres, die aus 12 Familien bestehende Schulgemeinde Sulichow unter Beteiligung seitens der Evangelischen aus den Nachbarkolonien das Fest ihrer Kirchweihe feiern. Senior Zipser, der in Stellvertretung des Superintendenten Fritsche die Weihe vollzog, knüpfte seine kräftig gehaltene Weihrede an die Worte Palms 118, 24, worauf Pfarrer Harlfinger aus Ranischau eine gediegene Predigt über Psalm. 26, 6-8 hielt. Das Erstehen dieses kleinen, bescheidenen Kirchleins, welches zum größten Teil mit Hilfe der Gustav-Adolf-Vereine zu seiner Vollendung kam, ist ein gutes Zeugnis für die wackere Gemeinde, die wohl klein an Kraft ist, aber einen hohen Mut hat. Bemerkenswert ist, dass nebst den umliegenden deutschen Kolonien und außer der dort zuständigen katholischen Gutsherrschaft auch einige polnisch-katholische Nachbargemeinden der evangelischen Gemeinde Sulichow für ihren Kirchbau reichliche Gaben in Geld und Bauholz brachten. Ebenso spendete ein Glaubensbruder aus Straßburg im Elsass zum Zwecke dieses Kirchbaus 400 K. Möge der Herr auf dieser kleinen Gemeinde und auf deren Werk seinen Segen ruhen lassen!

Ranischau 1903

Completion of the new church

Source: Evangelische Kirchen-Zeitung für Österreich, 01.10.1903, p. 13.
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Kirchweihe.

Die neue evangelische Kirche in Ranischau ist im Bau bereits vollendet. Die innere Einrichtung wird in Kürze fertig gestellt sein. Die Einweihung der Kirche soll am 1. November stattfinden und wird voraussichtlich von Superintendent Fritsche in Biala vollzogen werden.

Ranischau 1903

Church consecration

Source: Evangelische Kirchen-Zeitung für Österreich, 01.12.1903, p. 14-15.
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Einweihung der neuen Kirche.

In jüngster Zeit, da infolge der Auswanderungsbewegung nach Posen das Interesse für die galizische Landeskirche ein regeres geworden ist, hat man derselben nur allzu schnell und gern den bevorstehenden Untergang geweissagt. Mögen durch die Auswanderung manche fühlbare Lücken gerissen worden sein, unsere Landeskirche fühlt sich noch stark genug und der Geist evangelischen Glaubens und der Zugehörigkeit der “Schwaben” zum deutschen Volkstum wirkt noch lebendig genug, als dass die Mehrzahl der Gemeinden sich selbst aufzugeben genötigt wären. Dazu sind wohl die Ranischauer Gemeindeglieder ermuntert worden durch das so schön verlaufene Fest der Einweihung ihrer neuen Kirche, welche am 1. November unter zahlreicher Beteiligung von nah und fern stattfand. Vor der Kirche versammelte sich die Schar der Andächtigen, um nach einem Loblied, nach Übergabe des Schlüssels durch den Kurator und nach einer begeisternden Ansprache des Ortspfarrers Johann Harlfinger durch die von demselben im Namen des Allmächtigen geöffnete Pforte in das neue Gotteshaus hineinzuströmen. In beredten und herzerhebenden Worten setzte hierauf der Weihende, Senior Zipser aus Hohenbach, der Festgemeinde aufgrund 1. Mos. 28, 17 auseinander, was das Gotteshaus der Gemeinde ist und sein soll, nämlich eine Stätte des Lichtes und der Erbauung, eine Schutzwehr wider das Böse und eine Wohnung des Friedens, und weihte hierauf die Kirche ihrem heiligenden Zwecke. Nach der durch Pfarrer Friedrich Täuber aus Stadlo gesungenen Altarliturgie und dem Lutherliede bestieg Festprediger Arnold Kotschy aus Bandrow die Kanzel, um in Anschluss an 1. Joh. 3, 1 den Doppelfesttag zu verherrlichen, wie die feiernden Gemeindeglieder nun dankbar erkennen müssen, welche Liebe ihnen der Vater erwiesen, und wie sie nun danach streben sollten, Gottes Kinder zu heißen und zu sein. Mit dem vom Ortspfarrer erteilten Segen schloß die so würdig und schön verlaufene Feier, zu deren Hebung auch Lehrer Schneikart durch Aufführung des Chorliedes “Danket dem Herrn, denn er ist freundlich” wesentlich beigetragen hatte. Im gastfreien Pfarrhause, in welchem nachmittags die durch Pfarrer Täuber vorgenommene Taufe des Erstgeborenen, eines Mädchens, gefeiert wurde, vereinigten sich die Pfarrer zu gemütlichem, leider so selten möglichen, Beisammensein.

Möge das schlichte, schmucke Kirchlein, zu dessen Vollendung Pfarrer und Gemeinde so kräftig und liebevoll wirkten, der Gemeinde recht lange ein Sammelpunkt sein und ihr auch in dieser kritischen Zeit zur Mahnung dienen, treu zum Gotteshaus und zur Scholle zu halten nach dem Worte des Dichters:

“Deutsche Scholle, deutsche Erd’,
Eignes Heim und eigner Herd,
Ob dir Glück, ob Leid beschert:
Halt in Treu’ sie lieb und wert!”

Ranischau 1904

Sulichow community property

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, Mar 1904, p. 9.
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Sulichower Gemeindevermögen.

Gemäß der oberstkirchenbehördlich genehmigten Beschlüsse des Senioratsausschusses soll der Erlös der verkauften Schulrealität der aufgelösten evangelischen Schulgemeinde in Sulichow im Betrage von 10000 K folgendermaßen verteilt werden: 2000 K erhält die Pfarrgemeinde Ranischau als Ersatz für die bisher von Sulichow geleisteten Pfarrgehaltsbeiträge; 1800 K fließen dem Ranischauer Pfarrdotationsfonds zu; 6000 K sollen zur Vermehrung des Schuldotations- und des Pfarrholzfonds der Gemeinde Ranischau dienen und 200 K sind der Schulgemeinde Steinau zur Erhöhung des ihr mit Zustimmung des Zentralvorstandes in Leipzig zufallenden Sulichower Lehrerdotationsfonds per 4899 K 55 h zuzuweisen.

Ranischau 1904

Gustav-Adolf-Festivities

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, May 1904, p. 8.
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Gustav-Adolf-Fest.

Am 24.4. feierte der hiesige nunmehr gesetzlich konstituierte Gustav-Adolf-Ortsverein sein erstes Jahresfest. Vormittags fand ein Festgottesdienst statt und am Abend wurde in der Schule die Vereinsversammlung abgehalten, zu der sich Alt und Jung eingefunden hatte. Pfarrer Harlfinger hielt einen Vortrag über die Bedeutung Gustav Adolfs und des nach ihm benannten Vereins. Der Rest des gelungenen Abends wurde ausgefüllt mit Gesängen, mit der Versteigerung eines Bildes und der Vorführung von Bildern mit einer Laterna magica.

Ranischau 1905

Lecture

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, Feb 1905, p. 9.
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Vortrag.

Am Erscheinungsfeste fand hier in der Schule ein Familienabend mit Schulkinderfest statt. Vorträge hielten: Herr Lehrer Schneikart über die Themen: 1. “Die Not der Kirche Christi vom Jahre 1000-1500.” 2. “Der Mann von Gott.” Ferner berichtete Herr Lehramtskandidat Philipp Kopp über das Kinderheim in Stanislau. Zum Schlusse wurden noch Bilder mit Laterna magica gezeigt. Das Reinerträgnis ist für das Kinderheim in Stanislau bestimmt. Leider konnte Herr Pfarrer Harlfinger krankheitshalber an diesem Feste nicht teilnehmen. Zur Pflege des evangelischen Lebens sollen fortgesetzte Vorträge aus der Reformationsgeschichte, verbunden mit Übungen im Kirchengesang jeden Sonntagabend stattfinden.

Ranischau 1905

Big fire

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, May 1905, p. 12-13.
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Großes Schadensfeuer.

Am 10. des Monats bei großem Sturm kam in Ranizow (Marktflecken) mittags um 12 Uhr ein Brand zum Ausbruch, der binnen wenigen Stunden gegen 100 Gebäudekomplexe von 32 Grundwirtschaften und außerdem noch 4 Wohnhäuser vollständig einäscherte. Alle vorhanden Lebensmittel, Futtervorräte und Wirtschaftsgerät, sowie auch eine Kuh sind der Vernichtung anheimgefallen. Der Schrecken der Ranischauer war groß, denn der mächtige Sturem wehte in der Richtung nach dem deutschen Dorfe. Nur der Geistesgegenwart und der unermüdlichen Rettungsarbeit der deutschen Kolonisten ist es zu verdanken, dass es denselben gelungen ist, den an die deutsch-evangelische Kolonie sich anschließenden Stadtteil und diese selbst vor dem größten Unglück zu bewahren. Außer der Feuerwehr von Ranizow, waren noch 4 von auswärts (aus Zielonka, Kolbuszowa, Glogow und Sokolow) auf dem Brandplatze erschienen. Der verursachte Schaden ist groß und trifft die Verunglückten, von denen nur einige sehr niedrig, und die anderen gar nicht versichert waren, sehr hart.

Ranischau 1906

Christmas Eve celebration

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, Feb 1906, p. 8.
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Christabendfeier.

Heuer wurde der Christabend bei uns in einer Weise gefeiert, wie sie noch lange in angenehmer Erinnerung bleiben wird. Vierstimmige Chorgesänge, zu deren Vortrag unser Pfarrhaus ansehnliche Kräfte stellte, gaben der abendlichen Feier im Verein mit den großen grünen Christbäumen und dem hellen Glanz der Kerzen ein echt evangelisches Gepräge, das noch dadurch gehoben wurde, dass das Weihnachtsevangelium aus dem Munde von Schulkindern, die von Herrn Lehrer Thron gut dazu vorbereitet waren, der zahlreichen Weihnachtsfeststimmung entgegenklang. Besonders allen den Ranischauern, die den größten Teil des Jahres evangelische Umgebung entbehren müssen und die zum Besuch in den Feiertagen hier verweilten, war die wohlgelungene Christabendfeier eine willkommene Aufforderung, ihrer evangelischen Kirche die Treue zu bewahren.

Ranischau 1906

Church assistant

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, Mar 1906, p. 8.
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Geistliche Hilfskraft.

Herr Kandidat Engelfried Tilemann aus Norden in Ostfriesland, dem bereits behufs Erlangung des österreichischen Staatsbürgerrechtes die Aufnahme in die politische Gemeinde Ranischau zugesichert worden ist, wurde zum Personalvikar des Herrn Pfarrers Harlfinger berufen.

Ranischau 1906

Church assistant

Source: Evangelische Kirchen-Zeitung für Österreich, 01.04.1906, p. 10.
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Personalvikar.

Kandidat Tilemann aus Ostfriesland, der bisher aushilfs­weise in Zaleszczyki und Czernowitz tätig war, ist als Personalvikar des erkrankten Pfarrers Hargesheimer nach Ranischau berufen worden.

Ranischau 1906

Train connection

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, May 1906, p. 9.
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Eisenbahn.

Unsere Gemeinde hat die angenehme Aussicht, endlich durch eine Eisenbahn dem Weltverkehr näher gerückt zu werden. In der heurigen Session des Abgeordnetenhauses hat Abgeordneter Thomas Szajer und Genossen in Form eines Antrages die Regierung aufgefordert, eine Eisenbahn zu bauen in nördlicher Richtung von Rzeszow über Glogov, Sokolow, Ranizow, Kolbuszowa mit Anschluss an die Abzweigung der Bahnstrecke nach Nadbrzezie. In der Tat, man muss bedenken, was das heißen will, dass durch unseren ganzen politischen Bezirk Kolbuszowa mit seinen vier Städten und zweiundsechzig Ortschaften keine einzige Eisenbahnlinie führt. Welcher Nachteil das auf die Verwertung von Halmfrüchten und Vieh ausübt und wie viel Zeit der Verkehr zwischen zwei Ortschaften kostet, das liegt auf der flachen Hand. Möge die Regierung den Bau der neuen Bahnstrecke nur recht bald in Angriff nehmen!

Ranischau 1906

Gustav-Adolf-Festivities

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, Jun 1906, p. 9.
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Am zweiten Sonntag nach Ostern haben wir das Jahresfest unseres Gustav-Adolf-Ortsvereins gefeiert. Bei der Nachfeier erzählte Vikar Tielemann in anschaulicher Weise von seinen “Reisen im Königreich Gustav Adolfs”. Man plant, hier während des Sommers an den Sonntagnachmittagen mehrere solche Gustav-Adolf-Stunden zu halten. Es bleibt ja die erste Sorge einer jeden evangelischen Gemeinde in Galizien, mit dem Gustav-Adolf-Werk immer vertrauter zu werden.

Ranischau 1907

Church administration and Christmas festivities

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, Feb 1907, p. 12.
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Nachdem Herr Kandidat Tilemann unsere Gemeinde vor Weihnachten verlassen hat, musste Herr Pfarrer Harlfinger wieder allein die Führung der pfarrämtlichen Geschäfte übernehmen. Ende November vergangen Jahres bereits wurde ihm auch die Administration der Pfarrgemeinde Königsberg übertragen.

Am heiligen Abend fand in unserer mit zwei mächtigen Tannenbäumen geschmückten Kirche eine erhebende Christfeier statt, welche durch Lieder und Vorträge der Schulkinder sowie durch Chorgesänge verschönert wurde. Den Schluss der Feier bildete die Bescherung sämtlicher Schulkinder mit kleinen Weihnachtsgaben und eine Kollekte für das Kinderheim in Stanislau. Durch die Wohltätigkeit einer Dame aus Deutschland war das Pfarramt auch in diesem Jahre wieder instandgesetzt, zum Christfeste die ärmsten Gemeindemitglieder mit schönen warmen Kleidungsstücken zu versehen.

Ranischau 1907

Negative effects of emigration

Source: Deutsches Volksblatt für Galizien, 12.10.1907, p. 8.
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Von der Auswanderungspest.

Aus Ranischau (Post Ranizow) wird uns geschrieben: Vor einigen Tagen besuchte ich die Gemeinden Steinau, Königsberg und Gillershof; es ist ein wahrer Jammer, jetzt diese noch vor einigen Jahren blühenden deutschen Gemeinden zu besuchen; so hat Steinau vor fünf Jahren noch eine Gemeinde mit 70 deutschen Grundwirschaften, einer neuen gemauerten Kirche und deutschen Schule, heute nur mehr 13 deutsche Familien; in Königsberg sind deren noch 14; in Gillershof noch 7 und in Ranischau steht es nicht viel besser, während die Gemeinden Sulichow und Baranowka (Hirschberg) vor einigen Jahren bereits aufgelöst wurden. Der ganze Ranischauer Pfarrsprengel, der noch vor sieben Jahren aus den sechs genannten, damals rein deutschen Gemeinden bestanden hat, droht zu verschwinden. Ja, hätte eine durchgreifende Organisation der Deutschen in Galizien vor 10 Jahren stattgefunden, so wäre uns gewiss viel erhalten geblieben. Gewissenlose Auswanderungsagenten haben unsere Stammesbrüder größtenteils nach Kanada gelockt, wo sie den Engländern das Land urbar machen müssen und schließlich gehen sie dort auch dem Deutschtum verloren. Besser als hier auf des Vaters Erbe geht es aber selten einem, vielmehr sind viele um Alles gekommen, was sie besessen haben. Was ist nun jetzt zu machen? In den noch bestehenden deutschen Gemeinden Schule und Kirche zu erhalten, ist mit viel zu großen Geldopfern verbunden, und die zurückgebliebenen Deutschen der Entdeutschung preiszugeben, darf auf keinen Fall stattfinden. Das Klügste wäre demnach, die vier Gemeinden einigen sich, wählen eine oder zwei von den Gemeinden, die sie am liebsten halten wollen und dorthin siedeln sich dann die anderen an; eventuell könnten mit den ansässigen Polen oder Ruthenen Tauschverträge abgeschlossen werden. Auf diese Weise würden zwei oder drei Gemeinden aufgelassen, dafür aber eine oder zwei lebensfähige Gemeinden geschaffen werden. Diese Aktion muss sobald als möglich eingeleitet werden, mit einigem gutem Willen geht alles, umsomehr, da es zum Wohle aller geschehen kann.

Ranischau 1908

Christmas festivities

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, Feb 1908, p. 11.
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Wie bereits seit einer Reihe von Jahren, so fand auch am letztvergangen Christabend in der hiesigen Kirche eine Christabendfeier mit Bescherung statt, welche zwar zunächst für die Schulkinder veranstaltet ward, an der sich aber auch die Erwachsenen vollzählig beteiligten. Nicht nur aus Ranischau selbst, sondern auch aus der Umgebung waren die Leute gekommen, um sich mit ihren Kindern unter strahlenden Christbäumen der Geburt des lieben Christkinds zu freuen. Als gegen 1/2 6 Uhr auch die Schulkinder unter Führung des Herrn Lehrers Pfeiffer ihre Plätze eingenommen hatten, konnte die Feier mit dem Gellert’schen Lieder: “Dies ist der Tag, den Gott gemacht” ihren Anfang nehmen. Nach einem Eingangsgebete verlas Herr Pfarrer Harlfinger einige auf das Kommen des Heilands Bezug habende Weissagungen des Alten Testaments, worauf die Kinder antworteten mit dem Gesange: “Hosiannah, Davids Sohn kommt in Zion eingezogen”. Der Vortrag der Geburtsgeschichte, sowie ausgewählter Wechselgespräche im Wechsel mit passenden Liedern, wobei die Kinder ihr bestes Können aufboten, leitete über zur Ansprache des Herrn Pfarrers, der die Großen und Kleinen ermunterte, der im Heiland erschienenen Liebe die Herzen dankbar zu öffnen, sie zu erwidern und untereinander zu betätigen. Noch einmal brauste es durch die Kirche: “Dies ist der Tag, den Gott gemacht” und dann kam die Bescherung. Sämtliche 42 Schulkinder und die armen Gemeindemitglieder konnten mit Kleidungsstücken, die Herr Pfarrer Harlfinger von edlen Freunden erbeten hatte, mehr oder weniger bedacht werden. Die Schulkinder erhielten außerdem noch Früchte, Backwerk und Bilder oder Bücher. Es war eine Lust zu sehen, wie sie alle einzeln, mit leuchtenden Augen und strahlenden Gesichtern kamen, um die Gaben des Christkinds in Empfang zu nehmen. Da wir aber am heiligen Abend nicht nur empfangen, sondern auch geben wollten, so veranstalteten wir eine verhältnismäßig ertragreiche Kollekte für das Stanislauer Kinderheim. Schon vorher hatten die Schulkinder für denselben Zweck 5 K untereinander gesammelt.

Ranischau 1908

Church statistics and emigration

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, Mar 1908, p. 11.
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Volksbewegung u.a.

Im Jahre 1907 wurden im hiesigen Pfarrsprengel 15 Kinder gegen 26 im Jahre 1906 geboren. Gestorben sind 11 (8) Personen. Getraut wurde 1 (2) Paare. Konfirmiert wurden 10 (13) Kinder. Zur evangelischen Kirche übergetreten sind 2 (1) Personen, ausgetreten ist niemand. Der hiesige Pfarrsprengel gehört zu jenen, die andauernd unter der Auswanderung zu leiden haben. Diese hat nun zwar im Jahre 1907 in der Muttergemeinde selbst mit Ausnahme von Einzelpersonen, die in üblicher Weise auf Verdienst nach Amerika gefahren sind, glücklicherweise keine Opfer gefordert; aber die Filialgemeinde Steinau hatte leider neuerdings den Verlust einer ganzen Anzahl von Familien, die teils nach Posen und Preußisch-Schlesien, teils nach Amerika (Texas) zogen, zu beklagen. Tiefe Trauer erfüllt einen, wenn man in die einst so schöne Gemeinde Steinau hineinkommt. Trotzdem dieselbe durch die Auswanderung nicht nur numerisch, sondern auch materiell sehr stark geschwächt ist, musste sie doch im Jahre 1907 ihre Kirche, die gewiss zu den schönsten in unseren Landgemeinden gehört, unter hohen Kosten mit einem neuen Blechdach versehen werden, da das alte Schindeldacht bereits so schadhaft war, dass der Plafond der Kirche durch den eindringenden Regen und Schnee nicht unbedeutend gelitten hatte.

Ranischau 1908

Negative effects of emigration

Source: Deutsches Volksblatt für Galizien, 11.09.1908, p. 6.
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Zur Auswanderungsbewegung wird uns von dort geschrieben:

„Die Auswanderung hat im Jahr 1902 im hiesigen Pfarrsprengel kräftiger eingesetzt und bisher so viel Schaden angerichtet, dass bereits das hiesige Pfarramt in seinem Be­stand bedroht erscheint. Von fast 900 ist die Seelenzahl der Gemeinde auf 400 gesunken. Im Jahr 1902 war Steinau die stärkste Gemeinde im Pfarrsprengel. Sie zählte im Ort etwa 65 Familien und außerdem einige in der Umgebung, Von 1902-1904 ist gut die Hälfte nach Posen und Amerika gewandert. 1905 und 1906 war Ruhe und die Gemeinde hätte sich bei einem Stand von 34 Familien noch ganz gut halten können. Aber im letzten Frühjahr 1907 ging der Rummel wieder von Neuem los; heute sind in Steinau nur noch 113 Deutsche neben 400 Polen. Der Grund lag darin, dass sich die Steinauer inmitten der Polen nicht wohlfühlen konnten. Früher war die Gemeinde rein deutsch, nun aber sollten sie den „Weißkitteln”, wie sie sagten, auf Schritt und Tritt begegnen, neben ihnen wohnen, mit ihnen leben. Das war ihnen zu ungemütlich, zumal die Polen, da sie schon in der Mehrheit waren, in absehbarer Zeit auch die Verwaltung der Gemeinde in die Hände bekommen mussten. Dazu kamen manche gute Nachrichten und Lockbriefe von den früher Ausgewanderten. Der stärkste Antrieb zum Fortschreiten der Auswanderung war aber die enorme Preissteigerung der Steinauer Wirtschaften. Da die Gemeinde einen eigenen Wald hat, zahlt man für eine Wirtschaft von 15 Joch 25.000 Kronen und darüber, trotzdem das Feld durchaus nicht gut ist. Das viele Geld verlockt die Leute, und es ist auch gar nicht zu verwundern, weil sie sich für den Erlös, den sie hier erzielen, anderswo bessere und schönere Wirtschaften ankaufen können. Auf diese Weise kam es, dass Ende 1907 in Steinau nur mehr 13 Grundwirte und 2 Häusler waren. Nun sollen aber, wie ich hörte, wieder 2 Grundwirte verkauft haben. Die Gemeinde Sulichow ist 1904 auf einmal nach Deutsch­land gezogen. In Ranischau waren im Jahr 1902 30 deutsche Familien. Davon sind allmählich 8 Familien ausgewandert, so dass noch 14 Grundwirte und 8 Häusler blieben. Nun aber haben plötzlich 3 der „größten” Grundwirte verkauft, andere stehen in Verhandlungen, ja so ziemlich die ganze Gesellschaft ist vom Auswanderungsfieber angesteckt. Der Grund liegt auch sicher darin, dass die Leute sich unter der Überzahl der Polen nicht mehr wohlfühlen und dass die Preise des minderwertigen Bodens stark in die Höhe gegangen sind. Man zahlt hier jetzt 1100 bis 1400 Kronen für das Joch! Dabei sind die Polen in ihrem „niemcow trzeba wypchac” einig und tun, was sie können. Auch der Ranizower polnische Pfarrer scheint dahinter zu. stecken und streckt seine Fühler auch bereits nach dem evangelischen Kirchenvermögen aus. Trotzdem gestern einige Männer nach Preußisch-Schlesien und Posen gefahren sind, um Kaufgelegenheiten zu suchen, ist es doch möglich, dass fürs Erste weitere Verkäufe nicht zustande kommen. Aber jedenfalls scheint mir auch Ranischau keine Zukunft zu haben. Die Gemeinde liegt ja ganz vereinzelt. Nach Steinau sind es 20, nach Königsberg, welches noch 14 deutsche Grund­wirte mit etwas über 100 Seelen zählt, 25 Kilometer. Die Leute haben also keinen Anschluss, keine Anlehnung. So lange es ging, riet ich von der Auswanderung ab, hat aber nie etwas geholfen. In letzter Zeit habe ich den Steinauern geraten, sich in die Bukowina zu wenden. Es hat aber keiner den Mut, als erster dorthin zu gehen. So sind denn die Verhältnisse recht unerquicklich und es wird auch mir nichts anderes übrig bleiben, als mich anderweitig umzusehen.”

Ergänzend zu diesem Brief sei noch Folgendes hinzugefügt: Die Ranischauer deutsch-evangelische Pfarre bestand im Jahr 1902 außer den im Briefe genannten deutschen Orten noch aus den deutschen Siedlungen Hirschbach (Baranowka) und Gillershof bei Lezajsk. Hirschbach hat dasselbe Schicksal wie Sulichow erfahren, während in Gillershof nur noch sieben deutsche Familien (rund 60 Seelen) sind. Gillershof zählte im Jahr 1900 über 280 deutsche Einwohner und war eine der schönsten deutschen Siedlungen in Galizien. Der Statthalter nannte seinerzeit Gillershof seine „Perle” und heute? Aus einem schmucken deutschen Bauernhof machten die Polen 2-5 Teile; jeder baute auf seinem Teil seine hüttenartigen niederen Wohn- und Wirtschaftsgebäude auf und bald wird die ehemalige „Perle” in ein polnisches Dorf umgewandelt sein. Als die Gemeinden noch vollzählig waren, hatte jede Gemeinde ihre deutsche Schule und auch ein kleines Kirchlein; eine Auswanderung war damals nicht notwendig. Jetzt wäre zu wünschen, daß sich die hiergebliebenen Reste der Deutschen in einer oder zwei Gemeinden: Ranischau, Königs­berg oder Steinau sammeln und so wieder rein deutsch und stark machen.

Ranischau 1910

Death of vicar Hodel

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, Feb 1910 p. 9.
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Am Neujahrsmorgen, bei anbrechendem Tagesgrauen ist hier Vikar Peter Hodel, gewesener evangelischer Pfarrer, plötzlich einem Herzschlag erlegen. Der Entschlafene entstammte einer deutschen Kolonistenfamilie in Neu-Itzkany (Bukowina), wo er am 22. Oktober 1848 geboren wurde. Seine Studien absolvierte er am Gymnasium zu Suczawa und sodann an den Universitäten in Wien, Tübingen und Leipzig. In einem reichbewegten Leben wurde er weit umhergeführt und hatte eine ganze Reihe von Stellungen inne. So war er Hilfsprediger in Czernowitz, Superintendential-Vikar in Biala, Diakon in Lodz (Russisch-Polen) und Pfarrer in Wyszogrod (Russland), Seminarlehrer in Kropp (Schleswig-Holstein), Religionslehrer in Suczawa, Lehrer an der evangelischen Schule in Badeutz, Pfarrer in Josefow und zuletzt Vikar in Ranischau. Am 1. Februar diesen Jahres hatte er in den zeitlichen Ruhestand treten wollen. Nun aber ist er vom Herrn über Leben und Tod zur ewigen Ruhe abberufen worden.

Der unerwartete Todesfall wirkte erschütternd auf die ganze hiesige Gemeinde. Am 3. Januar veranstaltete die Gemeinde eine Trauerfeier, zu welcher sich auch Vertreter der Gemeinden Steinau, Königsberg und Gillershof einfanden. In der Kirche hielt Pfarrer Kirchschlager aus Hohenbach, der mit seiner Frau Gemahlin herbeigeeilt war, eine zu Herzen gehende Leichenrede, während der Ortspfarrer Harlfinger die Einsegnung vollzog und namens der Gemeinde von dem Verewigten Abschied nahm. Am 4. Januar wurde die Leiche von seinen Brüdern in seine Heimat nach Neu-Itzkany überführt, wo sie am 6. Januar zur letzten Ruhe bestattet wurde. So ruht der Verstorbene in der teuren Heimaterde, nach der er sich so heiß gesehnt hat.

Ranischau 1910

Death of vicar Hodel

Source: Evangelische Kirchen-Zeitung für Österreich, 15.02.1910 p. 12.
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Todesfall.

Am Neujahrs­morgen, bei anbrechendem Tage, ist hier Vikar Pe­ter HodeI, gewesener evangelischer Pfarrer, plötzlich einem Herzschlage erlegen. Der Entschlafene ent­stammte einer deutschen Kolonistenfamilie in Neu-Itzkani (Bukowina), wo er am 22. Oktober 1848 geboren wurde. Seine Studien absolvierte er am Gymnasium zu Suczawa und sodann an den Uni­versitäten in Wien, Tübingen und Leipzig. In seinem reichbewegten Leben wurde er weit umhergeführt und hatte eine ganze Reihe von Stellungen inne. So war er nacheinander Hilfsprediger in Czernowitz, Superintendentialvikar in Biala, Dia­kon in Lodz und Pfarrer in Wyszogrod (Russland), Seminarlehrer in Kropp (Schleswig-Holstein), Re­ligionslehrer in Suczawa, Lehrer an der evangelischen Schule in Badeutz, Pfarrer in Josefow und zuletzt Vikar in Ranischau. Am 1. Februar diesen Jahres hatte er in den zeitlichen Ruhestand treten wollen. Nun ist er zuvor vom Herrn über Leben und Tod zur ewi­gen Ruhe abberufen worden.

Am 3. Januar veranstaltete die Gemeinde eine Trauerfeier, zu der sich auch Vertreter der Gemeinden Steinau, Königsberg und Gillershof eingefunden hatten. In der Kirche hielt Pfarrer Kirchschlager aus Hohenbach, der mit seiner Frau Gemahlin herbei­geeilt war, eine packende Leichenrede, während der Ortspfarrer die Einsegnung vollzog und namens der Gemeinde von dem Verewigten Abschied nahm. Am 4. Januar wurde letzterer von seinen Brüdern in seine Heimat nach Neu-Itzkany überführt, wo er am 6. Januar zur letzten Ruhe bestattet wurde. So ruht er nach vielem Umherirren in der teuren Hei­matserde, nach der er sich zuletzt so heiß gesehnt hat.

Ranischau 1915

Administrative changes

Source: Evangelisches Gemeindeblatt für Galizien und die Bukowina, 01.10.1915, p. 13.
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Am Sonntag den 19. September hat unser neuernannter Administrator Herr Pfarrer Czerwenzel aus Jaroslau zum ersten Mal Gottesdienst bei uns gehalten. Er spendete auch das heilige Abendmahl. Die provisorische Verwaltung unserer Lehrerstelle wurde Herrn Ludwig Spatta, einem Sohne unserer Gemeinde, übertragen. Herr Spatta hat drei Jahrgänge der Alt-Tschauer Anstalt absolviert. Der regelmäßige Unterricht hat am 9. September begonnen. Die Zahl der Evangelischen in Ranischau und Umgebung beträgt etwa 100. Von denen sind 11 im Feld, einige Jünglinge und Männer sehen ihrer Einberufung zum Militärdienst entgegen.

Ranischau 1915

Pastoral vacany

Source: Evangelische Kirchen-Zeitung für Österreich, 15.10.1915 p. 12.
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Die evangelische Gemeinde Reichau ist infolge des Todes des Pfarrers Labsik verwaist. Auch Königsberg entbehrt seinen Seelsorger, ist doch Se­nior Royer von den abziehenden Russen mitgeschleppt worden. Die Pfarrerstelle in Ranischau ist seit längerer Zeit unbesetzt. Die Administration dieser drei Gemeinden hat Pfarrer Czerwenzel in Jaroslau übernommen.

Ranischau 1918

Inauguration of pastor Harlfinger

Source: Evangelische Kirchen-Zeitung für Österreich, 01.03.1918 p. 9.
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Amtseinführung.
Am 16. Dezember vorigen Jahres wurde der im Juli gewählte Pfarrer Johann Harlfinger ordiniert und zugleich ins hiesige Pfarramt feierlich eingeführt. Zu dieser Feier war Senior Böhringer aus Stadlo erschienen. Nachdem er in ernsten Worten über die Bedeutung des Pfarramtes gesprochen, die Pflichten des Pfarrers und der Gemeinde dargelegt, zu gegenseitigem Verstehen und treuer Arbeit im Dienste des Herrn aufgefordert, nahm er die Weihe vor und führte den Pfarrer in sein Amt ein, indem er ihm die Bestätigungsurkunde überreichte. Hierauf predigte Pfarrer Johann Harlfinger über 1. Joh. 5, 4b: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.” Ein gemütliches Bei­sammensein am Nachmittag im Pfarrhaus schloß die bescheidene, aber würdig verlaufene Feier.